Eine Stadt und ihre Mine
Vom Herzen Schwedens spricht man auch, wenn man über die mittelschwedische Provinz Dalarna spricht. Und womöglich schlägt dieses Herz in Falun am lautesten, da wo nicht nur die Provinzverwaltung sitzt, sondern auch das gigantische Kupferbergwerk Kopparberget seine ganz eigene Geschichte zu erzählen hat. Eine Geschichte, die heute jeder in der Stadt kennt und die auch in den Cafés und Restaurants Einzug gehalten hat, wo sie in süßen und herzhaften Gerichten und Getränken erzählt wird.
Richtig verstehen kann das, wer sich das Bergwerk etwas genauer angesehen hat. Von oben ist da der weite Blick über einen gigantischen Krater, der am 25. Juni 1687 entstand, als am späten Nachmittag ein großer Teil der Mine krachend in sich zusammenbrach, aber niemand zu Schaden kam, weil an eben diesem Tag alle Mittsommer feierten. Ein kleines Wunder also. Genau wie die Geschichte vom Arbeiter Mats, dessen durch das vitriolreiche Wasser konservierte Leiche man 1719 fand und in dem eine alte Dame ihren 1677 spurlos verschwundenen Verlobten wiedererkannt.
Beim Abstieg ins Innere der Mine wird dann klar, wie hart die Arbeit gewesen sein muss. Da fühlt man die Hitze des Feuers, sieht die Farben des Kupfers, versteht die Abläufe der harten Arbeit. Und eben das wird erzählt, wenn es zum Beispiel im Bistro Gott & Reco die Weltkulturerbe-Bowl gibt.
Das Geheimnis der Weltkulturerbe-Bowl:
Darin sind auf einem Bett aus grünem Salat, Tomaten und frischem Bio-Gemüse einen Berg Quinoa als Symbol für die schwarzen Steine, Rote Beete für das Rot des Kupfers und eine große Scheibe Ziegenkäse.
Der Ziegenkäse soll an die Geschichte von der Ziege Kåre erinnern, deren immer wieder rot gefärbte Hörner die Bauern schon im 8. Jahrhundert auf die Kupfervorkommen in der Stadt aufmerksam gemacht haben sollen. Das war womöglich der allererste Schritt zum Aufstieg Faluns, das zeitweise nach Stockholm die größte Stadt Schwedens war und wegen ihrer Mine so reich wurde, wie keine andere im Land.
Ob die Sauce, die auf die Bowl kommt, nun eher für das Feuer in der Mine oder für das aus dem roten Oxid der Mine gewonnenen Faluröd, dem Falun-Rot, das bis heute typisch für die Häuser in ganz Schweden ist, steht, sei der Phantasie überlassen. Schmecken tut sie jedenfalls fantastisch.
Das Gott & Reco ist nicht das einzige Restaurant in Falun, das auf so kreative Art Geschichten erzählt. Bereits an mehreren Orten der Stadt sind aus der durch die Arbeit in der Mine entstandene Falukorv neue Gerichte entstanden, die zeigen, dass diese besondere Wurst schon längst nicht mehr ein Essen der armen Leute ist.
Und natürlich ist die Mine ein Thema, wenn es um Süßspeisen geht: Im Falu Bröd & Patisserie von Therese Vesterholm gibt es eigene Törtchen, die darauf hinweisen, dass Falun mit der Mine und weiteren Orten, die zu ihr gehören, Teil des Weltkulturerbes der UNESCO ist. Das Café in Schwedens ältestem Bäckereigebäude steht für Tradition: „Ich wollte das alte Gefühl von handgebackenem Brot spüren. Sauerteig, der zwei Tage im Steinofen backt. Wenige, aber gute Zutaten“, sagt Therese Vesterholm.
Rotes Bier aus Falun
Und dann ist da noch das nach Sommer und Frische duftende Bier im Spruthuset, einem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, das bis 1911 mit seinem hohen Turm der Feuerwehr diente. Heute wird im unteren Bereich ein besonderes Bier gebraut – denn es ist rot wie die Farbe der Kupfermine. Wie genau die Farbe hergestellt wird, verrät Betreiberin Frida Önnerberg nicht. „Das rote Bier wird selbst gemacht, da wir uns ganz auf eine Sorte konzentrieren wollen. Die anderen Biersorten kommen von lokalen Anbietern, so wie auch unser Essen.“
Rot wie das Kupfer. Schwarz wie die Steine. Weiß wie die Ziege. Die Geschichte der Grube hallt nach. Auch in der Freizeit: Das neue Spa in Falun, aus dessen Pools man auf die Sprungschanzen blickt – Falun ist ein beliebter Wintersportort – setzt auch bei den Sauna-Aufgüssen auf Historie. Dann knistert das Wasser im Sauna-Ofen wie einst das Feuer in der Grube. Dann wird die Luft feucht und heiß wie damals. Und ein riesiger Fächer wirbelt durch die Luft, der mit etwas Fantasie die Flammen symbolisiert.